Wie das daß zu seinem ß kam – die Rasselbande

Das einzig wirklich auf den ersten Blick Auffällige der neuen Rechtschreibung ist das dass – sofern der Schreiber den Unterschied zwischen dass beziehungsweise daß und das noch kennt ... Wie das daß zum dass kam, ist bekannt: Die Ausnahmeregel R 184 des letzten »alten« Duden von 1991 (20. Auflage) verbat ss am Wortende, egal, wie der Laut drinnen im Wort geschrieben worden wäre: »Man schreibt ß im Auslaut aller Wortstämme, die im Inlaut ß oder ss haben, und in ›miß-‹.« Höchstens ein Auslassungszeichen (Apostroph) konnte das ss am Wortende noch retten, etwa in der Frankfurter Freßgass’, die inzwischen ohnehin zur Fressgass mutiert sein müsste. Soweit, so allgemein bekannt (und nicht unumstritten).
   Warum aber hat es diese Regel 184 gegeben – ist sie doch klar eine Ausnahme von der üblichen Konsonantenverdopplung hinter kurz zu sprechenden Vokalen? Ich meine, da war die Fraktur dran schuld. Gemeinhin wird das ß ja auch als Buchstabenverbund (Ligatur) eines alten langen s – es müsste so aussehen: ſ – und eines runden s angesehen: ſs wurde zu ß. Selbst in HTML steht für ß ß – na bitte.
   In Fraktur – der letzte Frakturduden stammt aus dem Jahr 1941 (12. Auflage) – schrieb man das lange ſ im Inneren eines Wortes, am Ende aber immer das »schönere« runde s. Genaueres dazu auf meiner Frakturseite und der über das lange ſ. Das typische Doppel-s mitten im Wort – schreiben wir mal »Rasselbande« – war frakturell gesehen immer ſſ (übrigens wieder eine extra Ligatur: , oft nicht im Zeichensatz vorhanden). Dieses ſſ durfte natürlich nicht am Wortende vorkommen, weil in Fraktur ganz zum Schluss immer ein rundes s verlangt war. Also wurde ſſ am Ende zwangsweise zu ſs, sprich später zum ß. Und diese Ausnahmeregel war uns geblieben, bis zur »neuen Rechtschreibung«, und für manche bis heute ... A.D. 2006.

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