Randscharf oder treffend

Was man sagt, das kann man treffend oder ganz genau sagen. Treffendes ist trefflich zu lesen, das Genaue gerät gerne ein wenig trocken:

Wörter und Ausdröcke, ganze Floskeln und Beschreibungen sind stets Abstraktionen der Wirklichkeit, Bilder, die wir uns (und den Lesern) so vormachen. Das sprachliche Bild soll nun möglichst gut das beschreiben, was wir sagen wollen.

Eine gute Beschreibung kann entweder so genau sein, daß die Menge des Gemeinten im Begriff präzise enthalten ist, nicht weniger und nicht mehr. »Wasserpflanzen« ist so ein Beispiel. Da ist der Rand des Begriffs scharf abgegrenzt. Wenn es um Verbote und Verträge geht, dann muß das wohl so genau sein, dann ist eben das »Betreten der Wasserfläche untersagt«.

Für gewöhnlich ist jedoch eine gute Beschreibung aber gerade nicht »randscharf« sondern treffend! Das Typische einer Sache, eines Geschehens wird gezielt gezeigt. Ist das Ding erst einmal an einem Teil richtig erkannt, so kann jeder sich das Drumherum gut dazu denken. Lilien auf dem Felde, die sieht man vor Augen, Gewächse auf Grundstücken nicht.

Bei Menschen und Computern, mit denen wir es zu tun haben, ist das nicht viel anders. Jeder Lehrling ist klarer als sein auszubildendes Gegenstück, der oder die Azubi; und ein Rechner vielleicht weniger pompös als ein Computersystem, doch dasselbe. Überhaupt: »System«. Der Zusatz -system weitet jeden Begriff völlig farblos soweit aus, daß sich jeder jedes Gedankengebilde darunter vorstellen kann. Scheinbare »Randschärfe« des Begriffs wird zum Betrug am Leser, der weder den Hauptzweck des jeweiligen Systems mitbekommt, noch eine scharfe Abgrenzung dazu. Sollten Sie also demnächst in die Verlegenheit kommen, wieder die wichtigsten Komponenten des Systems beschreiben zu müssen, dann denken Sie bitte daran, daß ein gut gewähltes Beispiel mehr sagt als die schönste Vollkommenheit, daß ein Teil besser fürs Ganze steht als ein noch so perfektes Abstraktum.

In der Hoffnung, Ihnen für Ihre Kommunikationsaufgaben eine partiell-pragmatische Unterstützung gegeben zu haben, rate ich Ihnen, sich alleweil zu fragen: »Was will der Schreiber uns damit sagen?« Und wenn Sie dann denken: »Daß wir klar und einfach reden!«, dann sagen Sie’s so.

Fritz@Joern.De - www.Joern.De - ©Fritz Jörn MIM
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