Falsches Deutsch - eine Glosse von Elke Heidenreich

Also... irgendwann mußte ich mal lachen über wirklich falsches Deutsch im Fernsehen. Oder in Zeitungen. Und dann häuften sich die Beispiele für falsches Deutsch so sehr, daß an einen Zufall nicht mehr zu glauben war. Was für eine Sprache sprechen wir eigentlich allmählich? Wohlgemerkt, ich meine jetzt nicht die unsäglich mitteilungbedürftigen Muttermörder, Tierquäler, Sadisten oder Autofahrer, die es in die Talkshows drängt, damit sie vor der Welt bekennen können: »Ich hab ebent mein Mutter nicht leiden können, weil daß sie mich geschlagen hat« oder »So schnell fahren ist für mich das Geilste wo gibt«. Ich meine die Moderatoren und Nachrichtensprecher, die Politiker, die Reporter in ihren Kommentaren, die Texte zu Dokumentationen. Die Haare stehen einem zu Berge, wenn es schon im einfachsten Schlagerliedchen heißt, daß »wegen dir« nun alles schöner ist. Mußten wir nicht mal meinet-deinet-seinetwegen deklinieren? Aber gut, haken wir das noch ab unter Umgangssprache. Warum aber auf einem ›Spiegel‹-Titel »Pfusch am Herz« statt »am Herzen« steht, ist schon weniger einsehbar. Die Mediensprache verschludert zuhörends - gibt es das? Oder habe ich jetzt ein neues, scheußliches Wort geschaffen? Das hört sich quer durch die Sender etwa so an: »Heute gedachte die Stadt dem Tod von zwei Bergleuten.« - »Als das Ehepaar in ihr Hotel zurückkommt, sehen sie...« Auch schön, gleich zwei dicke Fehler in so wenigen Worten. »Aus dem Baby Amos, der 1994 zur Welt kam, wurde inzwischen...« Richtig! Der Baby, nicht wahr? »Dank den Spenden und der Hilfe unserer Zuschauer...« Wenn es doch hinten geht mit dem Genitiv, warum dann nicht vorn auch? »Es ist ein Ort, an dem die Leute mit Freude hinkommen.« An dem? Sie kommen doch wohl an den Ort, jaja, »kaum etwas hat so vielen Menschen ihren guten Ruf gekostet«, auch schön falsch. Kann es sein, daß Leute, die Fernsehen machen, inzwischen gar nicht mehr lesen und nicht wissen, was das ist, Sprache? Und als der Komet am Himmel stand, hatte laut Reporter die Sternwarte »jede Nacht zu tun, um Beobachter von der Schönheit des Komets zu begeistern«, wobei man nur für etwas begeistern kann, und das Kometen-s gehört da auch nicht hin. »Das tolle ist, mal eine andere Seite auszuleben zu können.« Wenn man aus lauter Angst gleich zwei Zus zu gebrauchen versucht, wird es darum nicht besser, und wenn es über Arnold Schwarzenegger heißt, daß »eine defekte Herzklappe des Heldens ersetzt wurde«, ist das genauso falsch wie die Bemerkung, daß er »trotz seines Herzklappensfehlers und seinem extremen Körperbewußtsein« täglich eine Havanna raucht. Und das sind alles Sätze aus vorgefertigten Texten, nicht etwa spontan live formuliert, was sowieso nur noch Harald Schmidt geschliffen und fehlerlos kann - wofür er ja im Mai auch zu Recht den Medienpreis für Sprachkultur verliehen bekommt. Sogar einem Hellmuth Karasek passiert es, daß er sagt: »Sonst haben sie kein Vehikel, mit der sie ihre Meinung ausdrücken können.« Ätsch, aber für mir ist meine Kolumne einen Vehikel, wo ich mich mit auszudrücken kann.

Autor: Elke Heidenreich, in: Brigitte 4/1998, S. 123.

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