Paradigmen, Werte und Wandel im Wechsel

Zu einem modernen Text mit modischen Akzenten gehört heute das »Paradigma«, am besten in Form von »Paradigmenwechseln«, als seien’s irgendwelche Schuldscheine oder Rotwild. Zu mehreren Pardigmen darf man auch Paradigmata sagen, obwohl’s aus dem Griechischen kommt und dort paradeigma heißt – was den Österreicher schlicht an Tomaten erinnert, Paradeiser (Paradiesäpfel) genannt.
Ausgesprochen wird Paradígma dudengerecht mit Betonung auf dem i, gebildeter ist allerdings der Ton auf dem a, wie in Paráde.
Hans Küng sagt so.
Was aber ist ein Paradigma? Für gewöhnlich ist’s einfach ein Musterbeispiel, bei den Sprachwissenschaftlern dagegen ein Beugungsmuster.
Wer also beispielhafte, typische, bahnbrechende, epochemachende, visionär-signifikante Veränderungen ganz dezent betonen will, der nenne sie paradigmatisch. Und dann lasse er sie wechseln, in Paradigmenwechsel. Beliebt ist auch der Wandel, weltweiter Wandel, gar Wertewandel. Sogar
Paradigmenwandel lassen sich finden, sechzigmal im Netz (Juli 1999).
Pardigmen passen immer. Und alle Zuhörer passen wieder auf. Oder passen ganz.
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Hans Küng. Theologie auf dem Weg zu einem neuen Paradigma, in: Gegen die Gottvergessenheit. Schweizer Theologen im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. S. Leimgruber, M. Schoch (Freiburg-Basel-Wien, Herbst 1990) 469­498.
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