Ing. Eduard Hořovský

1831 – 1898

Bergrat und Betriebsdirektor

Biographische Skizze, Prag 1927

Ing. Eduard Hořovský stammte aus einer Familie, in welcher der Bergbau eine Stammbeschäftigung war. Sein Großvater, sein Vater und Onkel studierten auf einer Bergakademie und waren Bergbeamte, deshalb kreiste im jungen Eduard Hořovský seit je das Bergmannsblut und noch dazu wurde er in der altertümlichen Bergstadt Pribrans geboren, wo sein Vater als Hüttenverwalter in der dortigen Silbergrube beschäftigt war. Die Bergbauindustrie war also diejenige Beschäftigung und der Beruf, welchem sich der junge Hořovský widmen konnte.
   Er wurde am 22. Oktober 1831 geboren und besuchte in Pibrans (Příbram) die Normalschule. Dann studierte er an dem akademischen Gymnasium und an der philosophischen Fakultät in Prag. Aus dieser Zeit datiert anscheinend sein großes Interesse für die slawischen Sprachen, vor allem für die russische Sprache, welches dann später bei seiner Fachtätigkeit zur Geltung kam. Nach Beendigung dieser allgemeinen Ausbildung hat er sich an der Bergakademie in Šťavnica (Slowakei), an welcher bereits sein Vater und der Großvater studiert hatten, inscribieren lassen. Das letzte Studienjahr verbrachte er in Pibrans an der neu gegründeten Bergakademie. Nach Vollendung der Studien ist er in die Dienste der Steinkohlenwerke in Schatzlar als Eléve getreten, und später ist er der staatlichen Kohlengruben in Mährisch Ostrau als Praktikant zugeteilt worden.
   Als im Jahre 1856 die Ferdinandnordbahn diese Kohlengruben ins Eigentum übernommen hat, engagierte das neue Unternehmen auch den jungen Hořovský, welcher dort bis zum Jahre 1868 tätig war. Kennbare Spuren seiner großen Initiative und ausgedehnten sowohl theoretischen als auch praktischen Kenntnisse und Erfahrungen hinterließ er auf den Schachten »Wilhelmine« und »Hermegild«, welche als musterhaft ausgebaute Gruben galten und die Fortschritte des Ostrauer Bergbauwesens repräsentierten. Als einen guten Ratgeber, einen ausgezeichneten Chef und bewährten Freund hat er dort den Leiter des Berginspektorates in Mährisch Ostrau, den Bergrat Fiedler, kennengelernt.
   Ing. Hořovský beschränkte sich in seinem Beruf nie lediglich auf seine praktische Tätigkeit und wollte auch nie, daß seine Kenntnisse nur sein Geheimnis blieben, sondern gab sie gerne den übrigen Mitarbeitern zur Verfügung. Als er in den Jahren 1864 bis 1665 auf der Grube Zárubek tätig war, lehrte er unentgeltlich, immer am Samstag, sowohl eigene als auch fremde Wächter und erzog sie zu guten Bergfachleuten.
   Die guten Eigenschaften des Ing. Hořovský wußte der Pächter der Nachbargruben Ignatz Vondráček zu schätzen und engagierte ihn als Bergdirektor ab 1.5.1868 für seine Gruben in Dombrova. Dort war er volle 28 Jahre bis zum Jahre 1896 tätig. Im Jahre 1868 wurde ihm auch die Leitung der Gruben Orlova-Lazy und 1871 die Leitung der Sophiengrube in Poruba übertragen. Außerdem verwaltete er zu dieser Zeit die Werke Bettyna, Eleonore und Mühsam für die Pachtgesellschaft (Eigentümer Guttmann und Vondráček) [Dazu bemerkt meine Mutter, Marianne Spraiter, geb. Hödl: »Familie Guttmann in London zahlte den Töchtern und Tanten Hořovský bis etwa 1958, dem Tod der letzten Tochter, eine gute Pension!]
   Hier war er in erster Reihe bemüht die Rentabilität des Ostrauer Bergbaues durch Einführung von modernen Arbeitsmethoden und durch Erweiterung der Produktion zu erzielen. Seine Bemühungen hat er durch Aushöhlung der »Neuen Schacht« musterhaft in Tat gesetzt. Mit der Arbeit wurde im Jahre 1889 begonnen, und das Werk gilt bis heute als eines der besten Beweise der großen praktischen und theoretischen Kenntnisse Ing. Hořovskýs. Unter seiner Mitwirkung wurde 1882 die im Rothschildschen Besitz befindliche Grube Bettyna bis in die Tiefe von 300 Meter ausgeschachtet und damit ihre Lebensdauer auf lange Jahre gesichert. In den Jahren 1893 bis 1896 wurde die Grube Eleonora von 140 Meter auf 600 Meter vertieft. Dank diesen Arbeiten, welche nach den Entwürfen und Berechnungen von Ing. Hořovský vorgenommen wurden, wurde der Ostrauer Bergbau auf eine völlig neue Grundlage gestellt und das Aufblühen des Kohlengebietes in unerwartetem Ausmaße gesichert.
   Auch die Dombrover Betriebe verdanken ihr Wachstum dem Ing. Hořovský, seiner Initiative und seinen praktischen Erfahrungen. Der Anfang von Hořovskýs Tätigkeit bei der Nordbahn war schwer und bei den Dombrova-Werken noch schwieriger. Die Gruben waren vernachlässigt, die Maschinen mit den notwendigsten, manchmal ganz primitiven Mitteln ausgestattet und den damals minimalen Produktionsansprüchen angepaßt. Keine oder nicht ausreichende Lüftung, die Eisenbahn existierte nicht. Die gesamte Kohlenförderung mußte mit Pferdegespannen in die Vitkovitzer [im Text mit V] Gruben gebracht, der Rest dann auf dem Bahnhof in Hruschau in die Eisenbahnwaggons aufgeladen werden. Außerdem gab es im Orte kein Postamt, keinen Telegraph. Die erste mit dieser Einrichtung ausgestattete Bahnstation war die acht Kilometer entfernte Freistadt. Die Lage hat sich erst im Jahre 1870, als die Kaschau-Oderberger Eisenbahn ausgebaut und in Orlova ein Postamt errichtet wurde, verbessert. Ing. Hořovský hatte also nicht auf Rosen gebettet und sein Verdienst um die Entwicklung des Unternehmens muß um so mehr geschätzt werden.
   Bald nach seiner Ankunft hat Ing. Hořovský eine neue Methode der Kohlenförderung, welche er in Belgien studierte, eingeführt, nämlich die Wandlung mit dem massiven Fundament. Damit ist die Ausbeute gestiegen, eine ausgiebige Lüftung erzielt und die Arbeitsleistung erhöht worden. Ing. Hořovský unterstützte tatkräftig alle Neuerungen, jedoch immer mit größter Vorsicht, sodaß er trotz seiner Energie und Initiative nie einen Schritt gemacht hat, weswegen er sich später hätte Vorwürfe machen müssen. Im Kohlenrevier hat er als einer der ersten die elektrische Beleuchtung eingeführt, weiter die Anwendung von starken Kompressoren zum Antrieb von Maschinen und viele andere Einrichtungen verschiedenster Art. Offenes, damals in den Gruben allgemein gebräuchliches Licht, wurde durch zuerst Mühsler-Öllampe [oder Möhsler] mit Drahtgeflecht und Plechrober [?], später durch die Wolflampe mit Benzinlicht ersetzt. Es wurden neue Separatoren zum Sortieren von Schwerkohle konstruiert, überall wo es nur möglich war, die Handarbeit durch Maschinen ersetzt.
   Natürlich mußte die Kohlenförderung bei solcher intensiven Tätigkeit von Hořovský sichtlich steigen. Das Tempo des Wachstums war direkt überraschend. Die Doubrava-Orlava-Gruben haben einen Aufstieg von 1 Million Zentner (im Jahre 1868) auf 3 Millionen Zentner (im Jahre 1896), Orlova-Lazy von ca. 1 Million Zentner auf 6,2 Millionen Zentner (im Jahre 1896), ausgewiesen.
   Ing. Hořovský war nicht nur ein ausgezeichneter, praktischer Fachmaun, er war noch dazu ein glänzender Theoretiker, ein Beweis seiner literarischen Tätigkeit, in welcher die Erfahrungen aus seinen vielen Auslandsreisen den Ausdruck gefunden haben.
   Hořovský besuchte fast alle Länder Europas, in welchen er für sein Fach zulernen konnte. Er studierte den Bergbau in England, Belgien und in Frankreich. Er war auch in Deutschland. Im Jahre 1876 schrieb er sein in tschechischer Sprache abgefaßtes Werk »Über die Förderung von Steinkohle nach den französischen, englischen und deutschen Berichten.« Das Buch hat 1250 Seiten und beinhaltet 148 Bildtafeln und wurde auch im Ausland hoch geschätzt.
   Ein zweites hervorragendes Werk von Hořovský war ein großes deutsch-tschechisch-russisches, im Jahre 1890 beim Otto-Verlag in Prag herausgegebenes Wörterbuch. Das Werk hat 449 Seiten und 19.000 Schlagwörter, von welchen Hořovský eine Reihe von Termini erst neu bilden und bestimmen mußte, weil die tschechische Fachterminologie zu damaliger Zeit unvollkommen war.
   Als ein absolut zuverlässiger Fachmann in Bergsachen wurde Hořovský für die Gutachten auf diesem Gebiet beansprucht. Seine diesbezüglichen Arbeiten sind nicht nur sehr gründlich und ausführlich sondern auch unbedingt objektiv. Deshalb wurde er im Jahre 1885 zum Mitglied der Kommission für die Verwaltung des Zentralreservefondes der Bruderkassen. Im Jahre 1888 wurde ihm vom Kaiser der Titel eines Bergrates verliehen.
   Als guter und überzeugter Tscheche war Hořovský Mitglied und Gründer von vielen Vereinen, kulturellen Unternehmungen und war in der Öffentlichkeit tätig. Wegen seines Charakters galt Hořovský als Muster in mancher Richtung. Persönlich war er ein strenger Mann der Tat, und nicht einmal seine Krankheit, an welcher er am Ende seines Lebens gelitten bat, konnte ihn an der Erfüllung seiner Aufgaben und Pflichten hindern. Sonst war er ein sehr bescheidener Mensch und grundsätzlicher Feind von Halbheit. Über alles haßte er die Unwahrheit und das Unrecht. Auf der anderen Seite sparte er nicht mit Lob und Belohnung für einen guten Willen und fleißige Arbeit. lm Privatleben war er immer guter Laune, wenn es nur möglich war weilte er gerne in Gesellschaft von Bergingenieuren und deren Familien.
   Hořovský war seinen Bergarbeitern, Aufsehern und Beamten gegenüber nicht nur ein Vorgesetzter und Direktor, an welchen sie sich mit Vertrauen wenden konnten, sondern auch ein bereitwilliger Berater, verläßlicher Helfer und oft auch ein freigiebiger Spender. Er hat sich viel Mühe gegeben, um den Bau von Arbeiter- und Privatwohnungen für Beamte zu unterstützen. Er organisierte neben der Bruderkasse die sogenannte Kleine Kasse an allen Gruben. Diese wurden von den Bergleuten verwaltet, und aus diesen wurden die Unterstützungen an alle von Unfällen betroffenen Mitglieder ausgezahlt. Hořovský war auch an der Gründung einer Bergschule in Mährisch-Ostrau im Jahre 1874 mit tätig.
   Er beherrschte fließend einige Sprachen. Seine beliebte war die russische Sprache.
   Die Verdienste und die Bedeutung von Ing. Hořovský wurden von seinen Zeitgenossen öffentlich gewürdigt, wie zum Beispiel von Professor Dr. Jáhn aus Brünn oder Professor Petrlík von der Prager Technik.
   Hořovský war seit dem Jahre 1858 mit der Tochter des Bergmeisters Čák glücklich verheiratet. Aus seiner Ehe stammten drei Söhne und sechs Töchter. Hořovský trat im Jahre 1896 in den Ruhestand und übersiedelte nach Wien, wo er als Konsulent von Grubenbesitzern tätig war. Noch im selben Jahre ist er einer tückischen Krankheit erlegen. Er ist am 25. Februar 1898 im Alter von 67 Jahren gestorben. [Seite 5] Er liegt auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben.

ENDE

Eduard Hořovský ist der Vater von Irene Hořovský, geboren am 20. Mai 1869, die wiederum die Mutter meiner Großmutter Mariann Elisabeth Hödl, geb. Fillunger, ist. Er ist also einer meiner acht Ururgroßväter. Hořovský schreibt man mit Hatschek auf dem r, sprich also Horschowsky. Diese »biographische Skizze« erschien 1927 in Tschechisch bei Prometheus in Prag. Wer sie übersetzt hat, weiß ich nicht. Meine Faksimiledateien sind Hor0.fxr bis Hor5.fxr. Fritz Jörn, 24. August 1999

© Fritz Jörn 1997, 1999, MM, Friedrichstraße 29, 53111 Bonn, Tel. und Fax 0228-211035, mobil 0171-3322017, E-Mail Fritz@Joern.De, www.Joern.De

Eduard August Karl Hořovský in meinem Stammbaum
Eine Reise nach Klondyke, Vortrag von Eduards Sohn Zdenko am 1. Dezember 1898
Das Leben von Eduards Enkel Paul Horovsky, geb. Hořovský
Zu den Erinnerungen von Anton Hödl
Zur Homepage von Fritz Jörn