Zum fünften Mal sind wir nach Cannes geflogen, zu berichten vom GSM-Kongress, diesmal mit ein wenig Wehmut. Wer weiß denn, wie oft sich die Industrie und man selbst sich diesen Luxus abseitiger Begegnungen noch werden leisten können? Kongresse und Messen sind Ausnahmesituationen. Sind sie vorbei, denkt man: So wird es nie wieder. Und oft wird es auch wirklich nicht wieder so. Die GSM-Welt zieht nächstes Jahr, 2006, weiter, nach Barcelona. Also ward Abschied genommen, zunächst vom eigenen, kontrastreichen Leben dort. Wir waren der praktischen Nähe halber ein paar Mal im Hotel »Modern Waikiki« untergekommen, unbeschreiblich, aber auch im höchst vornehmen »Majestic Barrière« gleich nebendran. Tempora mutantur. Und dann Abschied von Cannes, diesem für uns eher morbiden Ort mit dem Kontrast eingeflogener Kommunikationsprofis zu bescheiden lebenden, älteren Einheimischen, die sonntags um halb elf in Notre-Dame de Bon Voyage kommunizieren, vor der Mairie Boule spielen oder werktags an der Banque de France in der Rue de Belges Schlange stehen, um ihre alten, ersparten Francs einzutauschen; sie bleiben ewig gültig. Die wirklich Reichen erahnt man höchstens beim Blick in die Vitrinen der Makler.Doch wenn schon Abschied, warum dann nicht auch von Klaus Mann, der sich hier nach dem Krieg umgebracht hat? Am letzten Nachmittag nehmen wir uns Zeit für ihn und den Bus Nummer drei bis »Cimetière«. Klaus Heinrich Thomas Mann liegt ganz hinten unten nahe der Mauer begraben. Ein Maulbeerbäumchen wächst aus Kieselsteinen am Grab. Weit und breit ist es das einzige ohne alles bedeckende Marmorplatte. Auf dem Grabstein wird englisch Lukas 9, 24 zitiert, doch gütig gekürzt. Am Himmel fliegen Möwen, die Mimosen blühen gelb gegenüber am Hang, die Orangen hängen noch an den Bäumen, eine gelbe Rose welkt am Grab. Wir hatten sehr lange gesucht danach, ohne Eile, einsam, fern von GSM und Technik. In ein paar Jahren wird man wohl von Google sekundengenau die geographische Breite und Länge erfahren und sich dann vom Taschennavigationsgerät satellitengesteuert hinführen lassen. Zwei französische Damen wurden mobiltelefonisch parlierend zu einem Grab gelotst. Die Zukunft, sie stört zuweilen.